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Stadtwerke Erfurt blicken in die Tiefe

Erste 3D-Seismik in Thüringen soll Potenzial für Erfurter Geothermie-Projekt klären

Die Stadtwerke Erfurt treiben die Wärmewende voran. Ziel ist eine langfristig sichere, bezahlbare und regional verankerte Wärmeversorgung für die Thüringer Landeshauptstadt. Eine Schlüsselrolle soll dabei künftig die Tiefengeothermie übernehmen.

Bevor jedoch gebohrt werden kann, steht eine der umfangreichsten geophysikalischen Untersuchungen Thüringens an: eine 3D-Seismik. Wie das Unternehmen auf einer Pressekonferenz am 10. Dezember 2025 mitteilte, beginnen nun die vorbereitenden Arbeiten für das Projekt.

Hightech im Einsatz: So entsteht das erste seismische 3D-Modell Thüringens Die Messkampagne soll verlässliche Daten über Struktur, Tiefe und Beschaffenheit der Gesteinsschichten unter Erfurt und den umliegenden Gemeinden liefern. Das Erkundungsgebiet ist rund 136 Quadratkilometer groß und umfasst das gesamte Stadtgebiet sowie angrenzende Bereiche der umliegenden Gemeinden. Insgesamt sollen bis zu 700 Kilometer Messstrecke abgefahren und etwa 19.000 Sensoren (Geophone) ausgelegt werden.

17 Messfahrzeuge – darunter Groß- und Mittelklasse-Trucks – erzeugen während der Messung seismische Schallwellen, die von den Geophonen aufgezeichnet und später zu einem digitalen Modell des Untergrunds verrechnet werden – bis in Tiefen von rund 7.000 Metern.

Dr. Jörn Grothe, Geschäftsführer der SWE Stadtwerke Energie GmbH, betont die Bedeutung der Datenbasis für eine zukünftige Entscheidung: „Wir folgen einem klaren Fahrplan, treffen keine Entscheidung im Blindflug. Deswegen wollen wir zuerst genau verstehen, wie der Untergrund unter unseren Füßen aufgebaut ist, bevor wir über Bohrungen sprechen.“ Für die Energiewende könne Tiefengeothermie langfristig ein wichtiger Baustein werden, sagt Grothe weiter, „aber wir gehen Schritt für Schritt.“

Den Auftrag für die Messungen erhielten die Spezialisten der Geofizyka Toruń S. A. aus Polen. Nach derzeitiger Planung soll die Seismik Mitte März 2026 starten und – abhängig von Witterung und Gelände – zwischen 55 und 65 Tage dauern. Gearbeitet wird überwiegend tagsüber, in Ausnahmefällen können Messungen auch abends oder nachts erforderlich sein. Bis zu 70 Fachkräfte sind gleichzeitig im Einsatz, aufgeteilt in bis zu drei Teams. Ab sofort laufen die Vorbereitungen zur Messkampagne In den kommenden Tagen beginnt das sogenannte Permitting: die Firma GEO-Service K. Bittner GmbH aus Walsrode wird im Auftrag der Stadtwerke die Abstimmung mit Grundstückseigentümern, Landwirtschaft und Gemeinden übernehmen. „Der Dialog mit der Bevölkerung, Eigentümern und betroffenen Flächennutzern gilt als zentraler Bestandteil des Projekts“, sagt Geo-Service-Chefin Katja Bittner.

Die Auswertung der Messdaten soll bis Ende 2026 abgeschlossen sein. Erst danach entscheiden die Stadtwerke über die konkreten nächsten Schritte – von der Wahl geeigneter Bohransatzpunkte bis zur Technologie der Wärmegewinnung. Eine Erkundungsbohrung könnte voraussichtlich 2028 erfolgen.

Das 5,8 Millionen Euro schwere Erkundungsprojekt markiert einen Meilenstein auf dem Weg zur klimaneutralen Fernwärme und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) mit 2,4 Millionen Euro gefördert. Die restliche Summe tragen die Stadtwerke aus Eigenmitteln.

Eine Übersicht zentraler Fragen und Antworten stellen die Stadtwerke auf einer speziellen Webseite bereit: www.swe-geothermie.de.

Daten und Fakten zur 3D-Seismik

Finanzierung:
- Gesamtbudget: 5,8 Millionen Euro
- Bundesförderung (BMWE über Projektträger Jülich): 2,4 Millionen Euro
- Eigenmittel SWE: 3,4 Millionen Euro

Technische Besonderheiten:
- Erste 3D-Seismik in Thüringen
- Erste Weitwinkel-Vibroseismik mit Vibrations-LKWs weltweit
- Methodenentwicklung: © Dr. Boris Dombrowski nach Prof. Buske

Messgebiet:
- Kernfläche: 136 km² (Erfurt und Umland)
- Zusätzlich: 4 Kreisbogensegmente à 6 km Radius
- Gesamte Messstrecke: bis zu 700 Kilometer
- Erkundungstiefe: bis 7.000 Meter

Technik und Personal:
- Ca. 19.000 Geophone (15.000 für 3D-Seismik, 4.000 für Weitwinkel)
- 17 Vibrations-Lkw (6 große, 10 mittlere, 1 kleiner)
- Bis zu 70 Mitarbeiter während der Messphase
- Bis zu 3 Messgruppen gleichzeitig im Einsatz
- 6 Mitarbeiter für Permitting (GEO-Service Walsrode)

Messbetrieb:
- Lautstärke: 80–85 Dezibel (vergleichbar Lkw unter Volllast)
- Überwiegend tagsüber, vereinzelt Abend-/Nachtmessungen
- Geplanter Start im Norden des Messgebiets

Zeitplan:
- Dezember 2025: Beginn Permitting-Phase
- Mitte März 2026: Geplanter Start der seismischen Messungen
- 55 bis 65 Arbeitstage Messdauer (abhängig von Witterung und Gelände)
- 6 Tage pro Woche im Einsatz, sonntags keine Arbeiten geplant
- Abschluss der Datenauswertung: innerhalb eines Jahres geplant
- Ab 2027: Entscheidung über mögliche Erkundungsbohrung

Etwa 19.000 solcher Geophone werden ausgelegt 

"Vibro-Trucks“ copyright: Geofizyka Toruń S.A