/pb/die_swe/die+swe/presse/swe+beantrag+foerderung+fuer+jahrhundertprojekt

Energiewende für Erfurt: Stadtwerke beantragen Förderung für Probebohrung zum Jahrhundertprojekt

SWE-Chef Peter Zaiß, Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein, SWE-Energie-Chef Karel Schweng (v.l.) stehen auf dem möglichen Bohrfeld vor der Gas- und Dampfturbinenanlage (kurz: GuD) im Nordosten der Landeshauptstadt. In der Hand halten sie die Förderanträge für die Probebohrung. Die GuD-Anlage erzeugt Strom und Wärme für Erfurt. In Zukunft soll hier eine Tiefen-Geothermieanlage nachhaltige Wärme einspeisen. Die Anträge für die dringend benötigte Förderung wurden heuten an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie den Bundeskanzler geschickt. 

Mit einem Tastendruck auf einem Laptop startete am Mittwoch den 30. August 2023 ein bahnbrechendes Projekt der Energiewende in die heiße Phase. Die SWE Energie, ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Erfurt Gruppe, schickte den Fördermittelantrag für eine Probebohrung per Mail an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Gleichzeitig verließ ein Brief mit demselben Inhalt an Bundeskanzler Olaf Scholz das Unternehmen.

Es geht dabei um sogenannte Tiefen-Geothermie, also die Nutzung von Erdwärme für Fernwärme oder Stromerzeugung. „Erfurt muss auf alternative Energien setzen, egal ob Wind, Sonne, oder eben Geothermie. All diese Energieerzeuger vermindern unsere Abhängigkeit, sie schaffen eine lokale Wertschöpfung“, sagt Oberbürgermeister Andreas Bausewein.

Tiefen-Geothermie ist eine noch sehr junge Methode, Erdwärme in mehreren Kilometern Tiefe zu nutzen – neueste Entwicklungen bei Bohrtechnologien machen es möglich (und finanzierbar). Das Prinzip ist einfach: Im Falle von Erfurt würde es bedeuten, dass eine Bohrung auf 4.500 Meter vertikal gegraben wird. Dann wird horizontal weitergebohrt. Welche Methode zur Wärmeförderung genutzt wird, darüber entscheiden die Ergebnisse einer Probebohrung. Möglich ist die Nutzung der natürlichen Klüfte und Poren des Gesteins oder die Herstellung unterirdischer “Wärmetauscher“. In beiden Fällen wird kaltes Wasser eingeleitet, es erwärmt sich in dem bis zu 180 Grad heißem Gestein und steigt, dem Naturgesetz folgend, an die Erdoberfläche und kann hier zur Energieerzeugung genutzt werden. Ein Kreislauf, der dank des sogenannten Thermosiphon-Effekts ohne den Einsatz von Pumpen funktioniert.

Vor knapp einer Woche besuchten Bundeskanzler Olaf Scholz, Bayerns Regierungschef Markus Söder und Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger die Geothermiebaustelle in Geretsried südlich von München – die erste Anlage ihrer Art in Deutschland. 
Erfurt will folgen. „Mit einer Probebohrung in der Nähe des Gas- und Dampfturbinenkraftwerks im Nordosten der Landeshauptstadt wollen wir erkunden, ob sich der Granitsockel, auf dem Erfurt liegt, für die Tiefen-Geothermie eignet“, sagt SWE Energie-Geschäftsführer Karel Schweng.  „Sobald die Finanzierung steht, wird es voraussichtlich zwei Jahre dauern, bis die Ergebnisse vorliegen und wir wissen werden, ob sich der Granitsockel unter unseren Füßen für die Nutzung zur Wärmegewinnung eignet.“ 
Mit der Probebohrung soll die genaue Zusammensetzung des Granits untersucht werden, ist der Stein zum Beispiel fest genug, wie ausgeprägt ist seine Wärmeleitfähigkeit. Dabei wird die Bohrung 4.500 Meter tief getrieben, dann seitwärts abgelenkt – diese Bohrung könnte im Falle eines positiven Ergebnisses dann später genutzt werden.

Die Ergebnisse der Erkundungsbohrung ist auch von großer Bedeutung für den Freistaat: Der Granitsockel durchzieht das Thüringer Becken, große Teile Thüringens könnten nach einem positiven Ergebnis der Erkundungsbohrung Geothermie nutzen. „Das Projekt Geothermie hat eine herausragende Bedeutung für Erfurt und den Freistaat, wenn es gelingt, dann können wir große Teile unserer Wärmeversorgung mit der schier unerschöpflichen Energie unter unseren Füßen stemmen“, sagt OB Bausewein. 
„Die Dekarbonisierung der Fernwärme, die mehr als 40.000 Wohnungen der Landeshauptstadt mit sicherer Energie versorgt, ist ein großer Schritt in Sachen Energiewende“, sagt Karel Schweng. „Wir könnten damit langfristig stabile und sozialverträgliche Preise sichern, sind nicht abhängig von Krisen, es ist eine Energie, die 24/7 zur Verfügung steht.“

OB Bausewein: „Großer Dank an die Stadtwerke, die sich der Tiefen-Geothermie als neue Energieerzeugung angenommen haben – trotz aller Risiken und der finanziellen Größenordnung. 40 Millionen alleine für die Erkundungsbohrung und noch einmal bis zu 150 Millionen für die endgültigen Bohrungen sind kein Pappenstiel.“ 

SWE-Geschäftsführer Peter Zaiß: „Die Kollegen der Energie setzen nicht nur auf Geothermie, sie planen einen breiten Fächer an alternativen Energien: Nutzung der Sonne, Einsatz von Wärmepumpen in Gewässern, Wasserstoff, Power to heat-Anlagen, um grünen Strom in speicherbare Wärme umzuwandeln. Das alles fordert natürlich auch die Stadtwerke Erfurt Gruppe als Ganzes.“
OB Bausewein sagt: „Wir haben auch den Bund für unser Vorhaben interessieren können. Bei einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Carsten Schneider, Staatsminister beim Bundeskanzler und Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland, konnten wir unser Vorhaben erläutern und um Unterstützung werben. Der Kanzler war sehr gut informiert und versprach Unterstützung.“
„Und selbst wenn der Granit unter unseren Füßen sich nicht für Geothermie eignet, so verrät uns die Bohrung wenigstens, wie der Boden unseren Füßen genau aussieht und wie wir mit anderen Methoden seine Energie nutzen können“, sagt Karel Schweng.